Melle– das macht zehn trimagische Momente

15 Schülerinnen und Schüler reisen zum trinationalen Projekttreffen ins Elsass

So lange haben die zehn Schülerinnen und fünf Schüler der 11. Klassen auf ihre erste längere Reise nach Frankreich gewartet. In der Coronapause fielen die internationalen Austausche aus. Nun lernen die Jugendlichen schon seit mehr als 5 Jahren Französisch und machen sich das erste Mal auf nach Strasbourg – ins Elsass, um dort Schülerinnen und Schüler aus Belgien und Frankreich zu treffen.

Das ist etwas ganz Besonderes: 10 trimagische Momente haben die Jugendlichen und die begleitenden Lehrerinnen Frau Mickstein und Frau Muhle auf der 6stündigen Rückfahrt aus dem Elsass Anfang November zusammengetragen, um einen Einblick in die Begegnung und von ihren Erfahrungen zu geben:

Moment 1

Warum eigentlich trimagische Momente? Drei Gymnasien, drei Nationen, drei Mal Melle. Alle Schulen liegen in einer Gemeinde, die den Namen Melle trägt. Seit über 50 Jahren ist das Gymnasium Melle mit dem Lycée Desfontaines in Melle/Frankreich verbunden. 2014 wurde aus dem Duo ein Trio, als das Sint Franciscusinstituut aus Melle/Belgien hinzukam.

Moment 2

Ankunft: Aus 3 x15 Schülerinnen und Schülern, die gerade erst im Jugendhotel „Ciarus“ in Strasbourg angekommen sind und ihre Zimmer bezogen haben, werden am 7. November sieben trinationale Gruppen, die auf eigene Faust Strasbourg bei Nacht erkunden.

Die französischen Schülerinnen entführen die belgischen und deutschen Schüler zu einer kurzen Stadtführung. Sprachenwirrwarr, nervöse Blicke beim Verlassen der – viele strahlende Blicke nach der Rückkehr vom Stadtrundgang. Das Eis ist gebrochen.

Moment 3

Offenheit in der Gruppe: Der von der deutschen Gruppe organisierte Kennenlernabend ist ein Erfolg – viele kurze Gespräche, Lachen und anschließend wird Billard und Karten gespielt. Die Jugendlichen organisieren einen Karaokeabend – aus dem Aufenthaltsraum klingt Schlagermusik – belgische Titel werden auch in den kommenden Tagen im Bus gesungen. 

Moment 4

5. Geburtstag des trinationalen Projekts: Das trinationale Projekt feiert 2022 das 5. Treffen dieser Art. Während die Treffen von 2014 bis 2018 das Thema „Erinnerung an den Ersten Weltkrieg“ als Thema hatten, entdecken die Schülerinnen und Schüler nach der Coronapause nun die historischen und politischen Facetten des Elsass‘ und Strasbourgs.

Hierzu gehören der Besuch im Europaparlament, eine „croisière“, eine Mini-Kreuzfahrt auf dem Fluss Ill rund um Strasbourg, und der Gang durch das neu gestaltete, ökologische Stadtviertel „Danube“

Moment 5

Eine Schülerin aus der 11S2 erinnert sich: Die Schönheit der Altstadt, der gute Humor der Franzosen und Belgier, zusammen mit der monumentalen deutsch-französischen Geschichte und der unbeschwerten Atmosphäre ergab sich zusammen ein Gesamtbild, das mir oftmals den Atem raubte und diese Woche besonders machte.

Moment 6

„Je ne parle pas français, aber bitte red’ weiter. Alles, was du so erzählst, hört sich irgendwie nice an. Und die Zeit bleibt einfach stehen, …“. In den ersten Tagen der Begegnung haben sich viele Schülerinnen und Schüler aus der deutschen Gruppe sicherlich so gefühlt, wie es die Sängerin Namika beschreibt. Für die Jugendlichen geht es darum sich „einzuhören“, zu verstehen, um was es geht. Das erfordert anfänglich die ganze Konzentration. Dann auf das Sprechen umzuschalten, das ist eine besondere Herausforderung. Die 11. Klässler stellen schnell fest, dass sie mit Französisch schneller und besser ans Ziel kommen als mit dem Versuch, sich mit den Franzosen und Belgiern auf Englisch unterhalten zu wollen.

Moment 7

Aber es gibt nicht nur schöne Momente, sondern auch bedrückende, vor allem der Besuch im Konzentrationslager Natzwiller/Struthof südlich von Strasbourg. Eine sehr anschauliche Führung über das Lagergelände und eine engagierte Begleiterin vermitteln zahlreiche Eindrücke von den Gräueltaten der Nationalsozialsten im Elsass. Die französische Begleiterin appelliert an die Jugendlichen, sich für Frieden und Freundschaft in Europa einzusetzen. Sie greift damit den Kerngedanken des Projekts auf – in diesem Moment knüpft die Vergangenheit an die Gegenwart an. Die Gedenkminute zum Abschluss der Führung über das Gelände ist für viele Gruppenmitglieder auch deshalb ein bewegender Moment.

Moment 8

Auch in der Gedenkstätte „Mémorial Alsace-Moselle“ in Schirmeck wird den Gruppenteilnehmern nochmals eindrücklich deutlich, wie wechselhaft die Geschichte des Elsass‘ ist. Im Eingangsraum des Museums werden Personen präsentiert – Frauen, Männer, Kinder, die zumindest einmal in ihrer Lebenszeit die Nationalität gewechselt haben. Besonders eindrücklich zeigt das Museum die deutsche Besatzung des Elsass‘ durch die Deutschen Anfang der 1940er Jahren. Durch eine besondere architektonische Inszenierung will das Museum die Geschichte erlebbar machen. Ein Teilnehmer schildert seine Eindrücke: Dieser Raum der Ausstellung zeigt einen langen Gang, der am Ende zu einer Sackgasse wird. Die Besatzungsherrschaft der Nationalsozialisten im Elsass führt dazu, dass sich die Menschen in Strasbourg, in ihrer Heimat, fremd fühlen – sogar ihre Muttersprache Französisch dürfen sie nicht mehr sprechen.

Moment 9

Kulturelles Lernen aus der Sicht einer Teilnehmerin: Im Austausch mit den Belgiern und Franzosen sind uns viele kulturelle Unterschiede aufgefallen, die wir den jeweils anderen Nationen immer leidenschaftlich erklärt haben. So wurden mir am Freitag zur Verabschiedung die typischen zwei Küsschen auf die Wange, die „bises“, humorvoll erklärt. Nun weiß ich, dass man bei den Küsschen links und rechts schon die Wange der anderen Person berühren darf, sich dabei aber nicht die ganze Zeit in die Augen starren muss. Eine kulturelle Eigenart, die ich bisher nur aus Filmen kannte.

Moment 10

Au revoir: Zuletzt fällt es schwer Abschied zu nehmen. Die Schülerinnen und Schüler haben viele Möglichkeiten genutzt, miteinander ins Gespräch zu kommen, die digitalen Kontakte sind längst geknüpft. Melle3 kann auch „en ligne“ (online) weitergelebt werden.

Un grand merci.

Ohne die großzügige finanziellen Unterstützung des deutsch-französischen Jugendwerks (DFJW), des Vereins der Freunde Gymnasium Melle und der Stadt Melle wäre diese Begegnung nicht möglich gewesen. Wir bedanken uns bei allen, die es uns ermöglicht haben, trimagische Erinnerungen zu sammeln und außergewöhnliche Momente zu erleben.

Trotz der pandemischen Pause ist die Energie und der Elan des trinationalen Projektteams ungebrochen. Aus diesem Grund diente das Treffen in Strasbourg 2022 auch dazu, die Perspektiven für weitere Begegnungen in den kommenden Jahren für die Meller Schülerinnen und Schüler in Deutschland, Belgien und Frankreich auszuloten.